Sondernutzungspläne

Die Sondernutzungspläne (SNP) konkretisieren und verfeinern die in den Nutzungsplänen enthaltene Grundordnung oder schaffen für ausgewählte Gebiete abweichende Regelungen. Da das Bundesrecht den Sondernutzungsplan nicht definiert, unterscheiden sich Bezeichnung und Inhalte der Sondernutzungspläne von Kanton zu Kanton (Bebauungsplan, Quartierplan, Gestaltungsplan, Überbauungsordnung, …). Die häufigste Art sind gebietsbezogene SNP. Diese haben zum Ziel eine gewisse Qualität einzufordern. Sie regeln die Bauweise, insbesondere die Anordnung der Gebäude, der Grünflächen und die Erschliessung, aber auch die Nutzung, Gestaltung oder Qualitätsanforderungen. Sie ermöglichen in der Regel eine Abweichung vom Rahmennutzungsplan, meistens eine höhere Ausnutzung. SNP sind grundeigentümerverbindlich und werden in der Regel auf Stufe Gemeinderat beschlossen und genehmigt. SNP eignen sich besonders gut, um das Schwammstadt-Prinzip genügend früh in der Planung zu verankern. Nachfolgend finden sich Hinweise zu konkreten Beispielen aus verschiedenen SNP.

Bewirtschaftung des Regenwassers

Auf der Ebene der Sondernutzungsplanung können gezielt Elemente eingeplant werden, die den natürlichen Wasserkreislauf fördern und das anfallende Regenwasser vermehrt vor Ort bewirtschaften. Im Vordergrund stehen dabei wasserdurchlässige Beläge und Begrünungen zur Förderung der Versickerung sowie die Beschränkung der Unterbauung, damit eine Versickerung an der Oberfläche über eine Bodenschicht möglich ist. In verschiedenen Kantonen finden sich in den SNP Paragraphen, welche der Versickerung dienlich sind. Eine weitere Möglichkeit ist bei der SNP die Erarbeitung eines Regenwasserbewirtschaftungs- oder Entwässerungskonzepts einzufordern oder seitens Gemeinde ein Teil-GEP für das SNP-Gebiet erarbeiten zu lassen, wie dies beim nachfolgenden Beispiel aus Genf gemacht wurde.

Richtlinie für den Umgang mit dem Gestaltungsplan, Solothurn 2004: «Aufwertungsmöglichkeiten (teilweise Entsiegelung durch Schotterrasen, und/oder naturnahe Begrünung, Ruderalansaat, Einzelbäume zwischen den Parkfeldern, usw.) und prüfen der Möglichkeiten für die Versickerung und Einleitung von nicht verschmutztem Abwasser in oberirdische Gewässer bzw. Bodenversickerung (Entsorgung von Regenwasser aus dem Siedlungsgebiet).» (Absatz: «mögliche Planinhalte») Der Absatz des Gestaltungsplans des Kantons Solothurns schreibt vor, dass die Möglichkeit der Versickerung zu prüfen ist. Die Oberfläche ist so zu gestalten, dass eine Versickerung möglich ist.

Gestaltunsplan «Areal Careum» Zürich 2022: «Die Versiegelung der Flächen ist auf das notwendige Minimum zu beschränken.» (Art. 10) Auch im Gestaltungsplan des Kantons Zürich ist festgehalten, dass die Versiegelung beim Projekt «Areal Careum» auf ein Minimum zu reduzieren ist. Damit wird die Entsiegelung und der natürliche Wasserkreislauf gefördert.

Überbauungsordnung Wifag-Areal Bern 2021: «Bezüglich Oberflächenwassermanagement wird mit Blick auf das Stadtklima angestrebt, sich möglichst nah einem natürlichen Wasserkreislauf anzunähern. Da eine Versickerung nicht möglich ist, soll das anfallende Regenwasser gezielt gespeichert, verdunstet und verzögert in die Regenwasserkanalisation abgeleitet werden. Teile des Regenwassers sollen direkt genutzt werden.» (Art. 1.4) Der Abschnitt «Entwässerung und Oberflächenwasserbewirtschaftung» in der Überbauungsordnung für das Wifag-Areal in Bern beinhaltet mehrere Aspekte, die für die Schwammstadt von Bedeutung sind. Es wird darauf hingewiesen, dass der natürliche Wasserkreislauf so weit wie möglich zu erhalten ist und Wasser nach Möglichkeit so gespeichert werden soll, dass es wiederverwendet werden kann. Der Absatz weist auch darauf hin, dass dadurch das Stadtklima verbessert und der Hitze entgegengewirkt wird.

Quartierplan Chemin de la Mousse Genf 2022: «Gemischt genutzte Wege (Fussgänger und Fahrräder) und Fahrradabstellplätze im Freien müssen mit sickerfähigen Belägen ausgebildet werden.» (Art. 4 Abs. 7) sowie «Die überwiegend mineralischen Bereiche von nicht unterbauten Flächen müssen aus durchlässigen oder halbdurchlässigen Materialien bestehen und für Rollstuhlfahrer geeignet sein.» (Art. 5 Abs. 3) Der Genfer Quartierplan verweist für den Umgang mit dem Regenwasser auf den Teil-GEP: «Die Art der Regenwasserbewirtschaftung muss den Grundsätzen des Teil-GEPs entsprechen, der von […] ausgearbeitet und auf den […] datiert wurde.» (Art. 24 Abs. 1) Zusätzlich werden auch Vorgaben zur oberflächlichen Führung des Regenwasser gemacht: «Die Ableitung des Regenwassers von Flächen und Dächern in Richtung der Esplanade des Trois-Chêne muss so gestaltet werden, dass es oberflächlich abfliesst. Die Bezugshöhe für den Anschluss an die Versickerungsmulde im Süden beträgt […].» (Art. 24 Abs.5) Die oberflächliche Führung des Regenwassers macht das Wasser sicht- und erlebbar und sensibilisiert die Anwohner für den Wert der Ressource Regen.

Sondernutzungsplan Parco Casarico 2019: «Die Morphologie und Geologie des Geländes erfordern besondere Aufmerksamkeit für die Bewirtschaftung des Regenwassers durch Versickerung, Rückhaltung und die Verringerung der nicht durchlässigen Flächen.Der Quartierplan (Sondernutzungsplan) muss alle Massnahmen festlegen, die eine ordnungsgemässe und vollständige Bewirtschaftung des Regenwassers gewährleisten (Entwässerungskonzept).» (S. 5, Umgang mit Meteorwasser) In der Sondernutzungsplanpflicht wird die Erarbeitung eines Regenwasserbewirtschaftungskonzept eingefordert. Wie das nun gebaute Beispiel zeigt, kann das Regenwasser bis hin zu Starkregenereignissen vor Ort bewirtschaftet werden.

Grünflächen

Grünflächen sind für die Hitzeminderung und die Bewirtschaftung von Regenwasser unabdingbar. Grünflächen dürfen jedoch in den meisten Fällen unterbaut werden, was eine Versickerung des Regenwasser und eine Bepflanzung mit Bäumen erschwert oder gar verunmöglicht. Dem kann mit der Definition einer Unterbauungsziffer in SNP entgegengewirkt werden. Kleine Regenereignisse können bei genügender Überdeckung der Unterbauung ebenfalls vor Ort bewirtschaftet werden. Vorgaben zur Mächtigkeit und Aufbauart der Überdeckung sind diesbezüglich dienlich.

Gestaltungsplan «Areal Careum» Zürich 2022: «Bei der Erstellung von Neubauten sind mindestens drei Viertel der nicht mit Gebäuden überstellten Fläche des Geltungsbereichs zu begrünen. Ein Teil dieser Fläche ist der Überbauung entsprechend als Spiel- und Ruhefläche oder als Freizeit- und Pflanzengarten herzurichten.» (Art. 9) Dieser Paragraph legt fest, wie viel Grünfläche in einem Gebiet erhalten oder geschaffen werden muss. Dies fördert den natürlichen Wasserkreislauf und bietet Platz für die AnwohnerInnen, was die Lebensqualität erhöht.

Gestaltungsplan «Parkring» Zürich 2022: «Der Grünflächenanteil der im Situationsplan als Umgebung Neubau
bezeichneten Fläche hat mindestens 50 Prozent zu betragen.»
(Art. 15) In diesem SNP wird ein konkreter Grünflächenanteil für die Gestaltung der Umgebung vorgegeben.

Gestaltungsplan «Thurgauerstrasse Teilgebiete A und C-F» Zürich: «Innerhalb den im Plan bezeichneten Wohnhöfen sind unterirdische Gebäude auf höchstens 15 Prozent ihrer jeweiligen Hoffläche zulässig.» (Art. 9.2) In diesem SNP wird die Unterbauung durch eine Ziffer eingeschränkt.

Quartierplan Chemin de la Mousse Genf 2022: «Ein Bodenaufbau von mindestens einem Meter auf der Bodenplatte muss gewährleistet sein, um eine Bepflanzung zu ermöglichen.» (Art. 4 Abs. 5) Der Aufbau von mindestens einem Meter ermöglicht nicht nur eine diversere Bepflanzung sondern auch den temporären Rückhalt von Regenwasser.
«Die Bodenaufbauten auf unterbauten, überwiegend bepflanzten Bereichen müssen aus einer Oberbodenschicht (A-Horizont) mit einer Mindestdicke von 30 cm versehen sein, die sich in die in Artikel 4, Absatz 5 festgelegte Mindestgesamtdicke einfügt.» (Art. 23, Abs. 1) und «Die Bodenflächen der überwiegend bepflanzten, nicht unterbauten Bereiche müssen aus natürlichen Böden mit zwei Schichten (A- und B-Horizont) bestehen, die nach natürlicher Setzung eine Mindestdicke von 70 cm umfassen, wovon 20 cm Oberboden (A-Horizont) und 40 cm Unterboden (B-Horizont).»

Multifunktionale Dächer

Dächer, insbesondere Flachdächer können verschiedene Funktionen erfüllen, teilweise auch in Kombination miteinander (Wasserrückhalt, Hitzeminderung, Biodiversitätsförderung, Energieproduktion, …).

Gestaltungsplan «Grabenacker» Winterthur 2022: «Die nicht als begehbare Terrasse genutzten Bereiche von
Flachdächern sind mit einer wasserspeichernden, genügend starken Vegetationstragschicht, ökologisch wertvoll zu begrünen. Solaranlagen entbinden grundsätzlich nicht von dieser Pflicht.»
(Art. 16.2) Dieser Absatz definiert, wie die Dachbegrünung auszuführen ist. Er besagt, dass der Dachaufbau so gewählt werden soll, dass er möglichst wasserspeichernd ist. Ausserdem wird darauf hingewiesen, dass eine Kombination von Dachbegrünung und Solaranlagen anzustreben ist.

Gestaltungsplan «Campus T» Winterthur 2022: «Nicht für Elemente gemäss Absatz 1 bis 4 genutzte Flächen auf Flachdächern sind ökologisch wertvoll zu begrünen und für die Retention von Meteorwasser nutzbar zu machen» (Art. 11.4) Im Gestaltungsplan der Stadt Winterthur wird darauf verwiesen, das die Flächen auf dem Dach nicht nur ökologisch wertvoll sein müssen, sondern auch für die Retention des anfallenden Regenwasser genutzt werden müssen.

Quartierplan Chemin de la Mousse Genf 2022: «Die Dächer müssen mehrheitlich extensiv mit einer Genfer Körnermischung begrünt werden und die Wasserrückhaltung ermöglichen. Die Dächer müssen die Installation von thermischen und/oder photovoltaischen Sonnenkollektoren ermöglichen.» (Art. 12) und «Die Dächer von Gebäuden müssen so gestaltet sein, dass sie Regenwasser speichern und den Abfluss begrenzen.» (Art. 24 Abs. 4)

Sondernutzungsplan Parco Casarico 2019: «Die maximale zulässige Gebäudehöhe enthält einen Zuschlag von 0,50 m, um die Rückhaltung von Regenwasser und die Begrünung auf den Flachdächer zu ermöglichen.» (S.2, Gebäudeparameter) Mit diesem Hinweis wird klar hervorgehoben, dass ein Dachaufbau für blau-grüne Dächer gewünscht ist.

Fassadenbegrünung

Neben der Dächern bieten auch die Fassaden eine Möglichkeit, mehr Grün in die Stadt zu bringen. Fassadenbegrünungen fördern die Wärmereduktion durch Evapotranspiration und tragen zu einem attraktiven Stadtbild für die BewohnerInnen bei. Bei der Fassadenbegrünung wird zwischen bodengebundener und fassadengebundener Begrünung unterschieden. Die Begrünungsarten unterscheiden sich auch in der Pflege und in den Kosten. Fassadengebundene Systeme sind pflegeintensiver, da sie nicht wie bodengebundene Systeme die Ressourcen direkt aus dem Boden beziehen können. Die Bewässerung der fassadengebundenen Systeme erfolgt sinnvollerweise mit z.B. auf dem Dach zurückgehaltenes Regenwasser.

Gestaltungsplan «Koch-Areal» Zürich 2022: «Es ist mindestens folgender Anteil der Gebäudefassaden mit Rankhilfen zu versehen und zu begrünen: […]» (Art. 37, Seite 31) Der Gestaltungsplan für ein Projekt der Stadt Zürich sieht vor, dass ein bestimmter Anteil der Fassaden begrünt werden muss.

Leitfaden Gestaltungsplan Stadt Luzern 2018: «Ökologische Gestaltung der Aussenflächen (naturnahe Grünräume mit standortgerechter, einheimischer Bepflanzung und wasserdurchlässigen und begrünbaren Belägen sowie Begrünung von Stützmauern)» (Art. 3.1) Der Gestaltungsplan der Stadt Luzern schreibt in Artikel 3.1 vor, dass Stützmauern von Neubauten begrünt werden sollen.

Hitzeminderung

Schwammstadtelemente tragen immer zur Hitzeminderung in einer Stadt bei. Den der natürliche Wasserkreislauf und die Förderung von mehr Grünflächen, insbesondere Bäumen, in Städten sind effektive Mittel, der Hitze in Städten entgegen zu wirken. Doch gibt es auch Massnahmen, die nicht zwangsläufig mit Wasser und Grünflächen zu tun haben, die einen hitzemindernden Effekt haben. Hierzu gehören das Ausnützen der Kaltluftströme, die Wahl eines Materials, welche eine kleinere Wärmespeicherkapazität hat oder solche, die einen niederen Albedo Wert vorweisen. In den Sondernutzungsplänen kann auf solche Massnahmen bestanden werden oder es kann allgemein auf die Wichtigkeit der Hitzeminderung hingewiesen werden.

Gestaltungsplan «Koch-Areal» Zürich 2022: «Es ist aufzuzeigen, welche Auswirkungen die geplanten Neubauten und Veränderungen im Freiraum auf das Lokalklima haben und mit welchen kompensatorischen Massnahmen zur Hitzeminderung beigetragen werden kann.» (Art. 52.2, Seite 36) In diesem Paragraphen des Bebauungsplanes der Stadt Zürich geht es darum, bei Neubauten Massnahmen zu ergreifen, die den Wärmeschutz fördern. Zudem muss bei Neubauten aufgezeigt werden, welchen Einfluss das Projekt auf das lokale Klima hat. Bei negativen Einflüssen auf das Lokalklima müssen bewusst Massnahmen ergriffen werden, um diesen Einflüssen entgegenzuwirken.

Gestaltungsplan «Grabenacker» Winterthur 2022: «Nach Möglichkeit sind helle Materialien mit geringer Wärmespeicherungsfähigkeit zu verwendet.» (Art. 22.4) In diesem Artikel wird auf die Verwendung von Baustoffen mit geringer Wärmespeicherkapazität und niedrigem Albedowert hingewiesen. Diese Massnahmen haben einen Einfluss auf das Umgebungsklima und reduzieren den städtischen Wärmeinseleffekt.