Richtpläne

Richtpläne sind Umsetzungsinstrumente der Behörden zur langfristigen Steuerung der räumlichen Entwicklung in der Schweiz. Die Richtpläne sind kantonal unterschiedlich ausgestaltet. Im Kanton Zürich gibt z.B. es kantonale, regionale und kommunale Richtpläne. Richtpläne sind auf einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren ausgerichtet. Der Richtplan dient den Gemeinden als Grundlage, um die Anpassungen auch in andere Instrumente wie Bau- und Zonenreglemente, Gestaltungspläne, Abwasserreglemente etc. zu integrieren.

Bisher wurde das Thema Klimaanpassung nur selten und oft nur am Rande behandelt. Aus Sicht der Schwammstadt ist es notwendig, die klimaangepasste und wassersensible Stadtentwicklung in den anstehenden Revisionen der Richtpläne zu verankern.

Nachfolgend wird anhand von aktuellen Richtplänen aufgezeigt, wie das Thema Wasser und der natürliche Wasserkreislauf integriert werden können:

Wertvolle Hinweise enthält auch die «Arbeitshilfe und Ergänzung zum Leitfaden Richtplanung», zum Umgang mit dem Klimawandel in der Richtplanung des Bundesamt für Raumentwicklung ARE.

Kantonale Richtpläne

In den kantonalen Richtplänen finden sich Hinweise zum Umgang mit der aktuellen Problematik des Klimawandels. Dabei werden die Themen Hitze, Erhaltung und Förderung der Biodiversität und Regenwasserbewirtschaftung behandelt.

Kantonaler Richtplan Schaffhausen (2021):

In Bezug auf die Regenwasserbewirtschaftung steht im Schaffhauser Richtplan im Kapitel 1-7: Um die Versickerung und damit die Neubildung der Grundwasserreserven zu fördern, (müssen) die Flächen im Siedlungsgebiet nach Möglichkeit wasserdurchlässig gestalten (werden)». Dies fördert die Entsiegelung von Flächen und damit den natürlichen Wasserkreislauf. Auch die Integration von Schwammstadtelementen in die Siedlungsplanung wird gefördert.

Kantonaler Richtplan Bern (2023):

Im kantonalen Richtplan des Kantons Bern finden sich konkrete Abschnitte, die auf die Hitzeentwicklung in Siedlungsgebieten aufmerksam machen. Eine der Herausforderungen, die in der Strategie D2 (Siedlungsqualität und öffentlicher Raum) genannt werden, ist die «Förderung von klimagerechten Siedlungsstrukturen»: Als Folge der Erwärmung werden insbesondere im urbanen Siedlungsraum die Temperaturen im Sommer weiter ansteigen. Damit verbunden sind gesundheitliche Risiken und eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens ganz allgemein. Grün- und Freiräume, Nassflächen und Gewässer, unversiegelte Flächen und Durchlüftungsachsen können diesen negativen Folgen entgegenwirken. Bei der Siedlungsentwicklung nach innen ist diesen Aspekten vermehrt Rechnung zu tragen und die Klimakarte als Grundlage für eine klimaangepasste Planung zu berücksichtigen.« Dies ist ein deutliches Signal an die Gemeinden, bei der Siedlungsentwicklung auf hitzemindernde Maßnahmen zu achten.

Kantonaler Richtplan Zug (2023):

Auch im Richtplan des Kantons Zug finden sich Hinweise, dass Massnahmen gegen Hochwasser und für die ökologische Aufwertung zu ergreifen sind (Kapitel L8.1.2, S. 28): „Kanton und Gemeinden fördern die Hochwassersicherheit und die ökologische und landschaftliche Aufwertung durch den Unterhalt der Gewässer, mit raumplanerischen Massnahmen und durch Renaturierung».

Kantonaler Richtplan Aargau (2023):

Der Kanton Aargau hat in seinem 2011 genehmigten Richtplan ein ganzes Kapitel der Klimaproblematik gewidmet. Im Richtplan des Kantons Aargau ist festgehalten, dass der Kanton die Folgen wie Hitzeentwicklung, längere Trockenperioden oder Starkniederschläge im Siedlungsgebiet angehen will, um diese Problematik zu entschärfen. Aber auch Themen wie Biodiversität und Ressourcenschonung werden angesprochen. So behandelt die Strategie H 7.2 verschiedene klimabezogene Themen wie das Lokalklima, Wassermanagement und Biodiversität.: «Kanton und Gemeinden setzen mit einer qualitätsorientierten Siedlungsentwicklung nach innen nachhaltige und klimaangepasste Siedlungsstrukturen mit hoher Aufenthaltsqualität in den Aussenräumen sowie entsprechenden Verkehrsinfrastrukturen um. Sie tragen insbesondere zu einem angenehmen Lokalklima, einem klimaresilienten Wassermanagement und zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsgebiet bei. Der Kanton stellt Grundlagen bereit für die Umsetzung einer klimaangepassten Siedlungsentwicklung in den nachgelagerten Verfahren.« Ein Beispiel solcher Grundlagen sind z.B. der Leitfaden hitzeangepasste Siedlungsentwicklung.

Die Strategie H 7.4 bezieht sich auf die Gefahren durch Starkniederschlagsereignisse. Es sollen Vorgaben gemacht werden, die Siedlungsentwicklung so anzupassen, dass die Siedlungen vor Hochwasser oder allgemein vor Starkniederschlägen geschützt sind: «Der Umgang mit klimabedingten Naturgefahren, die Wasserspeicherung und das klimaresiliente Trinkwasser- und Wassermanagement werden bei den raumwirksamen Planungen und Tätigkeiten berücksichtigt. Die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens und die Wasserrückhaltung in Siedlung und Landschaft werden erhöht.«

Die Strategie H 7.6 ist allgemein formuliert. Sie fordert eine generelle Anpassung der Siedlungsentwicklung an den Klimawandel: «Raumplanerische Massnahmen nutzen wo immer möglich Synergien mit dem Klimaschutz und der Klimaanpassung. Der Kanton berücksichtigt dabei innovative Ansätze und neue Erkenntnisse aus der Forschung und integriert diese proaktiv in die Umsetzung dieser Massnahmen.«

Regionale Richtpläne

Einige Kantone haben Richtpläne, die sich nur auf bestimmte Regionen des Kantons beziehen. Der Kanton Zürich verfügt über 11 regionale Richtpläne. Damit können die Entwicklungsziele der einzelnen Regionen besser aufeinander abgestimmt werden.

Regionaler Richtplan Zürich (2022):

Im Regionalen Richtplan des Kantons Zürich sind explizite Hinweise zur Bekämpfung des hohen Versiegelungsgrades enthalten: “Unversiegelte Flächen werden, wenn möglich erhalten oder kompensiert. Die Zunahme der Bodenversiegelung wird geringgehalten. Der Anteil versiegelter Fläche pro Einwohnerin und Einwohner soll nicht zunehmen. Die Stadt Zürich ergreift Massnahmen um unversiegelte Flächen zu schützen und den Versiegelungsgrad insgesamt tief zu halten». So wurde auf übergeordneter Ebene beschlossen, dass die Versiegelung nicht weiter zunehmen darf.

In diesem regionalen Richtplan finden sich noch weitere Paragraphen, die auf eine nachhaltige Entwicklung hinweisen: «Die stadtklimatische und lufthygienische Wohlfahrtswirkung der unversiegelten städtischen Grünflächen und der Freiraumbänder ist sichergestellt. Für die Kaltluftproduktion wichtige Gebiete werden in ihrer Funktion erhalten. Durchlüftungskorridore gewährleisten den Luft-Austausch und Temperaturausgleich mit dem Umland. Die ausgleichende Wirkung unversiegelter Flächen auf den Wasserhaushalt ist langfristig gewährleistet.»

Kommunale Richtpläne

Ein kommunaler Richtplan ist kein gesetzlich vorgeschriebenes Umsetzungsinstrument. Es gibt jedoch Gemeinden, die einen kommunalen Richtplan zur Regelung der Siedlungsentwicklung eingeführt haben.

Kommunaler Richtplan Zürich (2022):

Im kommunalen Richtplan der Stadt Zürich finden sich Hinweise, wie mit der Problematik des Klimawandels umgegangen werden soll: «Ein besonderes Augenmerk ist auf Menschen und Umwelt gefährdeten Stoffe zu richten, die nicht oder nur mit einem erheblichen technischen Aufwand beseitigt werden können. Das Einleiten derartiger Stoffe in das Abwasserreinigungssystem ist deshalb möglichst zu vermeiden. Im Weiterem ist die Konzeption der Siedlungsentwässerung kontinuierlich zu verbessern, damit unverschmutztes Abwasser lokal versickert und Abwasserreinigungsanlagen nicht unnötig belastet werden. Wo das Versickern nicht möglich ist, soll zur Verminderung von hochwasserspitzen das unverschmutzte Abwasser erst nach temporärer Rückhaltung (Retention) in Fliessgewässer eingeleitet werden (vgl. pt.3.11.). Das Abwasser von Verkehrswegen ist so abzuleiten, das Gewässer und Boden nicht mit Schadstoffen belastet werden.»

Kommunaler Richtplan Gemeinde Chêne-Bougeries (GE):

Ein spannendes Beispiel ist auch der kommunale Richtplan der Gemeinde Chêne-Bougeries im Kanton Genf. Die Gemeinde hat eine grosse Zone 5, welche heute mehrheitlich aus Einfamilienhäusern besteht, und verdichtet werden soll. Der kommunale Richtplan definiert übergeordnete Prinzipien des öffentlichen Interesses und Bedingungen, die eingehalten werden müssen, um jegliches Bauen in der Zone zu ermöglichen. Relevant aus Sicht Landschaft und Wasser sind v.a. die Prinzipien A und B.

A: Bewahrung der charakteristischen Landschaftskomponenten und Konsolidierung des grünen Gerüsts der Gemeinde, insbesondere die Heckenstrukturen, welche die Substanz der Historische Wege (IVS) darstellen und eine wichtige Rolle in der biologischen Vernetzung (ökologische Infrastruktur) und Anpassung an den Klimawandel spielen. A1: Heckenstrukturen und Baumreihen

B: «Die Funktionalität der natürlichen Netzwerke und landschaftlichen Kontinuitäten erhalten und stärken, sowie die Durchlässigkeit des Bodens.
B1: Bewaldete Kordons, Haine, einzelne Bäume.
B2: Grüne Durchdringungen und Wildtierpassagen.

B3. Bodenversiegelung und Wasserabfluss

Ziel: Erhaltung von Freiflächen und Begrenzung der Beeinträchtigung des Grundwassers.

  • Mindestens 50 % der Fläche muss als Freilandfläche erhalten bleiben (darf nicht unterbaut werden).
  • Die Ausrichtung der Untergeschosse schafft keine Hindernisse für den Wasserabfluss.
  • Grundsätzlich darf die Grundfläche des Untergeschosses nicht größer sein als die Grundfläche des oberirdischen Gebäudes, außer wenn die Parkplätze von mehreren Gebäuden gemeinsam genutzt werden oder wenn es sich um einzelne Elemente handelt, die aufgrund von technischen oder betrieblichen Vorgaben erforderlich sind.
  • Innerhalb des minimalen Gewässerraums sind keine Bauten erlaubt und der Gewässerraum muss naturnah gestaltet werden.
  • Bei Vorhaben mit 10 oder mehr Parkplätzen ist die Entwicklung an die Bedingung geknüpft, dass das betreffende Grundstück mit einer Tiefgarage und Besucherparkplätze ausgestattet wird.
  • Wenn möglich, werden Wasserrückhaltebecken erstellt.

Umgang mit dem Klimawandel im Richtplan

Das Bundesamt für Raumentwicklung ARE hat eine Empfehlung zum Umgang mit dem Klimawandel in der Richtplanung herausgegeben. Der Klimawandel ist ein raumrelevantes Thema, das in der Richtplanung berücksichtigt werden muss, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhalten. Das vorliegende Dokument soll den Kantonen als Hilfsmittel bei der Erneuerung und Überarbeitung ihrer Richtpläne dienen. Die Ziele sind

  • die räumlichen Auswirkungen des Klimawandels erkannt und entsprechende Massnahmen räumlich koordiniert werden
  • klimaverträgliche Räume und Raumstrukturen geschaffen und Klimaschutzmassnahmen räumlich koordiniert werden.
  • Dieses Instrument ist eine Empfehlung und kein rechtsverbindliches Dokument. Es enthält Erwartungen, die von den Kantonen umgesetzt werden sollen.
    Die Erwartungen des Bundes sind wie folgt formuliert:
  • Ergänzung der Raumentwicklungsstrategie mit Zielen und strategischen Grundsätzen zum Klima (räumliche Umsetzung der kantonalen Klimastrategie);
  • Grundsätze und konkrete Massnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel (in einem eigenen Kapitel / Objektblatt Klima oder in den verschiedenen thematischen Kapiteln des Richtplans).

Die Thematik des Klimawandels kann auf verschiedenen Ebenen in den Richtplan integriert werden:

  • Übergeordnete Ebene: Der Klimawandel soll als übergeordnete Herausforderung in die Richtplanung aufgenommen werden. Dies zeigt den Gemeinden die Bedeutung des Themas auf und fördert die Bewusstseinsbildung. Der Klimawandel soll in den Richtplänen nicht nur als Herausforderung erwähnt, sondern als ambitioniertes Ziel formuliert und behördenverbindlich verankert werden.
  • Verankerung als Querschnittsthema: Dem Klimawandel wird ein eigenes Kapitel im Richtplan gewidmet oder es wird ein Koordinationsblatt formuliert. Dies verleiht dem Thema Klimawandel mehr Gewicht und zeigt die Relevanz des Themas auf. Es kann aufgezeigt werden, dass der Klimawandel in den meisten Kapiteln des Masterplans präsent ist, so dass auf verschiedenen Ebenen gehandelt werden kann. Die Verankerung des Klimawandels im Masterplan dient als übergeordnetes Koordinationsinstrument.
  • Verankerung der Klimakarte als Grundlage: Klimakarten zeigen die kantonale Hitzebelastung und auch Naturgefahren auf. Betroffene Gebiete können so besser erkannt und geschützt werden. Sind die Klimakarten direkt im Richtplan verankert, können die Gemeinden direkt erkennen, ob ihre Gemeinde in einem gefährdeten Gebiet liegt und entsprechend handeln.
  • Bereiche des Richtplans: Der Klimawandel kann in verschiedene Bereiche des Masterplans integriert werden. Der Klimawandel kann im Masterplan explizit als Herausforderung benannt werden, um die Gemeinden zu sensibilisieren. Er kann auch als Ziel im Richtplan verankert werden. Im Richtplan können auch grundsätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels festgelegt werden.

Es ist wichtig, die Problematik des Klimawandels in der Richtplanung zu verankern. Die Kantone können so Erfahrungen sammeln und die Gemeinden stärken, diese in ihre Planungen zu integrieren. Im Richtplan sollen Planungsgrundsätze für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung verankert werden.